Goodbye, Bukarest
Inhaltsangabe zu "Goodbye, Bukarest"
Es ist ein Rätsel in ihrer Familiengeschichte, ein blinder Fleck. Von Bruno, dem ältesten Bruder ihrer Mutter – dem es gelang, dass alles, was er berührte, zu zittern auf hörte – hieß es immer, er sei bei Stalingrad gefallen. Es war eine Lüge: Als Astrid zufällig davon erfährt, muss sie die Suche nach Bruno aufnehmen, ohne erklären zu können, warum. Und diese Spur führt nach Bukarest …Astrid begegnet Menschen, die Bruno nahekamen, und hört Lebensgeschichten voller Farbigkeit und Dramatik, die Streiflichter auf ihn werfen. Zusammen mit zahlreichen Bezügen zu Kunst und Literatur entsteht daraus ein dichtes Gewebe, auf dem Brunos Leben erscheint: seine Einsamkeit,
die eisige Weite vieler Jahre und die vielen Momente menschlicher Wärme und größter Geistesverwandtschaft.
Astrid Seeberger ist ein bewegender, bildgewaltiger und poetisch dichter Roman über ein europäisches Schicksal gelungen.
Bewegender Pageturner
Es sind wir Menschen, die Ewigkeiten füreinander schaffen. (S. 10)
Als ich auf “Vorablesen“ auf das Cover von „Goodbye, Bukarest“ von Astrid Seeberger zu gucken kam, blitzte es kurz in meinen Augen und der nächste Klick führte mich dann auf die Inhaltsangabe. Die angebotene Leseprobe konnte mich dann schon in ihren Bann ziehen und schwups – war ein Leseeindruck geschrieben. Gut eine Woche später dann die Nachricht: „Du hast gewonnen.“ Da ahnte ich noch nicht, dass ich zwei Wochen später eines der „King´s Crown Juwels 2020“ gelesen haben würde…
Nun denn. Astrid Seeberger macht sich auf die Suche nach ihrem Onkel Bruno. Als Archivar weiß ich, wie spannend und langwierig, aber auch emotional die Suche nach Angehörigen sein kann. Ich habe schon einige (nicht) unterdrückte Tränen im Laufe der Zeit bei unseren Benuter*innen gesehen.
Von daher wundert mich der emotional-poetische Schreibstil auch nicht. Aber es passt zu den Geschichten, die Astrid Seeberger von Menschen erzählt bekommt, die ihren Onkel kannten. Hier hat sich die Autorin dem auch in der Geschichtswissenschaft vorkommendem Element der sog. „Oral History“ bedient. Die „mündliche Geschichte“ basiert auf dem Sprechenlassen von Zeitzeugen, ohne dass sie sich großartig vom Historiker beeinflussen lassen. Äußerst spannend das Ganze.
Und sie sprechen, die Zeitzeugen. Sie erzählen ihre Geschichte und ich als Leser konnte eintauchen in das Leben in einem Strafgefangenenlager in der kasachischen Steppe, in das Bukarest der Vor- und Nach-Ceausescu-Ära…Und trotz der widrigen Umstände in den Lagern, die das Leben zur Hölle machen, werden (lebenslange) Freundschaften gebildet und am Ende weiß man: „Und die Einsamkeit nach einer Zeit der Zusammengehörigkeit ist die schlimmste Einsamkeit, die es gibt.“ (S. 82)
Wenn auch über allem eine tiefe Emotionalität schwebt, gibt es noch etwas, was dieses Buch so besonders (zumindest für mich) macht: die Liebe zur Musik, die Leidenschaft für Literatur und zur Kunst.
„Das Einzige, […] das mich nie im Stich gelassen hat, waren die Bücher und Bilder. Die kann mir niemand jemals wegnehmen, nicht jene Bücher und Bilder, die zu meiner Herzensangelegenheit geworden sind, im ganzen Leben nicht. Man kann sie ins Feuer werfen oder ins Meer, sie bleiben dennoch erhalten. Sie sind ein Teil von mir geworden, sie leben in mir.“ (S. 164)
Und so spreche ich eine ganz klare Leseempfehlung für „Goodbye, Bukarest“ aus und zücke hochachtungsvolle 5*!
©kingofmusic